7. Austauschverträge/Verhandlungen

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Bei Fusion, Spaltung zur Übernahme und Vermögensübertragung handelt es sich wirtschaftlich gesehen um Austauschverträge zwischen Parteien, die zumindest in finanzieller Hinsicht unterschiedliche Interessen verfolgen. Bei Fusion und Spaltung zur Übernahme verhandeln Parteien darüber, wie die Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte an der übernehmenden Gesellschaft auf die Gesellschafter aller an der Transaktion beteiligten Unternehmen aufgeteilt werden sollen. Bei der Vermögensübertragung ist es die Gegenleistung, die zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger auszuhandeln ist.64 Es ist daher zu berücksichtigen, dass neben einem theoretisch existierenden, neutralen Schieds- oder Arbitriumwert65, welcher den neutralen Wert eines Unternehmens oder eines Teils davon objektiv darstellt, auch ein Entscheidungswert66 existiert, der die Grenzen des Verhandlungsspielraums für die entsprechende Transaktion markiert. Sobald an einer Transaktion nach Fusionsgesetz verschiedene Parteien beteiligt sind und es zu Verhandlungen kommt, ist es natürlich und üblich, dass vom neutralen Schiedswert in die Richtung des Entscheidungswerts des einen oder anderen Vertragspartners abgewichen wird. Das konkret vereinbarte Umtauschverhältnis (Fusion67, Spaltung, Umwandlung) oder die ausgehandelte Gegenleistung (Vermögensübertrag) ist nicht nur von einer objektiven Bewertung, sondern auch vom Verhandlungsgeschick und der Verhandlungsposition der jeweiligen Parteien abhängig.

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Abweichungen vom Schiedswert sind aus rechtlicher Sicht unproblematisch, solange sie angemessen sind. Aus der Bestimmung über die Überprüfungsklage (Art. 105 FusG) geht ausdrücklich hervor, dass bei einer Fusion, Spaltung oder Umwandlung die Anteils- und Mitgliedschaftsrechte der Gesellschafter angemessen gewahrt werden müssen oder eine Abfindung angemessen sein muss. Damit lässt das Fusionsgesetz den verhandelnden obersten Leitungs- oder Verwaltungsorganen einen gewissen Spielraum. In verfahrensmässiger Hinsicht können sich Zweifel an der Angemessenheit, insbesondere bei Interessenkonflikten der verhandelnden Personen bei gleichzeitigem Fehlen adäquater Massnahmen zur Neutralisierung solcher Interessenkonflikte68, ergeben.69 Diesfalls wäre auch eine Sorgfalts- oder Treuepflichtverletzung und damit eine Verantwortlichkeit der betreffenden Organe nach Art. 108 FusG zu prüfen.

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Bei der Vermögensübertragung wird der Angemessenheits-Spielraum im Gesetz nicht besonders erwähnt, zumal bei der Vermögensübertragung auch keine Überprüfungsklage nach Art. 105 FusG möglich ist. Der Verhandlungsspielraum ergibt sich dort aber ebenfalls aus den rechtsformspezifischen Sorgfalts- und Treuepflichten des handelnden obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgans, bei deren Verletzung eine Verantwortlichkeitsklage nach Art. 108 FusG erhoben werden kann.70