2. Spaltungsbericht
2.1 Zweck und Zuständigkeit
Die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane der Gesellschaften, die an der Spaltung beteiligt sind, müssen einen schriftlichen Spaltungsbericht erstellen, in welchem die Transaktion rechtlich und wirtschaftlich zu erläutern ist (Art. 39 FusG). Der Spaltungsbericht soll zusätzlich zum Spaltungsvertrag Transparenz schaffen, damit die Gesellschafter in Kenntnis aller für sie wesentlichen Umstände über die Spaltung Beschluss fassen können. Diese Transparenz ist besonders wichtig, wenn die Träger der obersten Exekutivfunktionen nicht mit den Gesellschaftern identisch sind und deshalb eine Informationsasymmetrie besteht oder wenn die Spaltung die Interessen von Gesellschaftern mit Minderheitsbeteiligungen gefährden könnte.
Für die Erstellung des Spaltungsberichts sind gemäss Art. 39 Abs. 1 FusG die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane der beteiligten Gesellschaften verantwortlich, wobei die Vorbereitung und Ausarbeitung des Berichts im Innenverhältnis delegiert werden kann.898 Der fertige Bericht ist jedoch vom obersten Leitungs- und Verwaltungsorgan formell zu genehmigen899 und muss von mindestens einem Mitglied des Organs unterzeichnet werden.900 Bei der Spaltung zur Übernahme können die beteiligten Gesellschaften entweder je einzeln oder gemeinsam einen Spaltungsbericht erstellen. Adressaten des Berichts sind bei der Spaltung zur Übernahme die Gesellschafter beider Spaltungspartner. Der gemeinsame Spaltungsbericht oder jeder separat erstellte Spaltungsbericht ist gemäss Art. 41 Abs. 1 lit. b FusG an jedem Gesellschaftssitz während zweier Monate vor der Beschlussfassung zur Einsicht aufzulegen. Auf Verlangen sind den Gesellschaftern Kopien des Berichts abzugeben.901
Nach Art. 39 Abs. 2 FusG können KMU auf die Erstellung eines Spaltungsberichts verzichten, sofern alle Gesellschafter dem Verzicht zustimmen.
2.2 Inhalt
Art. 39 Abs. 3 FusG enthält eine Aufzählung des Pflichtinhalts eines Spaltungsberichts, wobei wie beim Spaltungsvertrag einige Berichtspunkte nur bedingt notwendig sind und je nach Ausgestaltung der Transaktion entfallen können. Dieser Umstand wird im Gesetz beispielsweise mit der Formulierung «gegebenenfalls» ausgedrückt. Die Berichtspunkte lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- lit. a, g, h: Der Zweck und die Folgen der Spaltung sind wirtschaftlich und rechtlich zu erläutern. Dies umfasst auch Ausführungen zum strategischen Hintergrund, zu den erwarteten Chancen und Risiken der Spaltung zu den wirtschaftlichen Konsequenzen für die involvierten Unternehmungen sowie zu allfälligen Alternativen zur Spaltung oder zum Spaltungspartner. Obwohl der Spaltungsbericht primär dem Gesellschafterschutz dient und sich daher nur an die Gesellschafter richtet, muss er auch auf die übrigen wichtigen Interessengruppen einer Gesellschaft – insbesondere auf die Auswirkungen der Spaltung auf diese – Bezug nehmen, namentlich auf die Gläubiger und die Arbeitnehmer.902
- lit. b: Der Spaltungsvertrag, der den Gesellschaftern im Rahmen des Einsichtsverfahrens nach Art. 41 FusG zugänglich ist, muss besonders erläutert werden. Soweit die anderen Punkte im Spaltungsbericht den Spaltungsvertrag nicht bereits ausreichend verdeutlichen, soll dies an dieser Stelle im Bericht geschehen, wobei nur die für die Beschlussfassung durch die Gesellschafter wesentlichen Bestimmungen zu erläutern sind.903
- lit. c und d: Eingehend behandelt werden muss das Umtauschverhältnis für Anteile und gegebenenfalls die Höhe der Ausgleichszahlung bzw. die Mitgliedschaft der Gesellschafter der übertragenden Einheit bei der übernehmenden Gesellschaft. Dabei ist auch auf die Bewertung der Anteile im Hinblick auf die Festsetzung des Umtauschverhältnisses einzugehen. Die Mitgliedschaft in der übernehmenden Gesellschaft ist nur zu umschreiben, wenn diese Gesellschaft über kein Anteilskapital verfügt; andernfalls ist das Umtauschverhältnis zu erläutern.904 Insbesondere die Erläuterungen zur Bewertung sollen den Gesellschaftern dazu dienen, das im Spaltungsvertrag vorgesehene Umtauschverhältnis und damit die angemessene Wahrung ihrer Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte nachvollziehen zu können. Eine überzeugende Begründung im Spaltungsbericht trägt dazu bei, dass die Gesellschafter die angemessene Wahrung der Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte nicht nachträglich im Rahmen einer Überprüfungsklage nach Art. 105 FusG in Zweifel ziehen.905
- lit. e und f: Besonders hinzuweisen ist auf sämtliche Pflichten, die sich für die Gesellschafter der übertragenden Gesellschaft aufgrund ihrer neuen Beteiligung an der übernehmenden Gesellschaft bereits mit der Spaltung ergeben. Sind an der Spaltung Gesellschaften unterschiedlicher Rechtsform beteiligt, so müssen überdies auch jene Pflichten erwähnt werden, die den Gesellschaftern in der betreffenden Rechtsform auch in einem späteren Zeitpunkt auferlegt werden könnten. Zu diesen Pflichten, die sich bereits mit der Spaltung ergeben oder auch erst später eingeführt werden könnten, gehören etwa die Nachschusspflicht, andere persönliche Leistungspflichten (z.B. Konkurrenzverbote, Geschäftsführungspflichten) oder die persönliche Haftung. Solche neuen Pflichten können sich für die Gesellschafter etwa bei der Aufspaltung einer Aktiengesellschaft in zwei Gesellschaften mit beschränkter Haftung ergeben, welche statutarisch eine Nachschusspflicht oder weitere Pflichten vorsehen können,906 oder bei der Ausgabe von teilliberierten Aktien.
- Bei einer Spaltung zur Neugründung ist dem Spaltungsbericht der Entwurf der Statuten der neuen Gesellschaft beizulegen (Art. 39 Abs. 4 FusG).
2.3 Detaillierungsgrad, Annahmen und Prognosen
Die Adressaten des Berichts sind die Gesellschafter der Spaltungspartner. Der Bericht soll gegenüber den Gesellschaftern Transparenz schaffen und ihnen die wesentlichen907 Informationsgrundlagen liefern, welche für eine selbständige Beurteilung der Transaktion im Hinblick auf den Spaltungsbeschluss erforderlich sind.908 Der Spaltungsbericht darf als Ganzes weder unrichtig noch irreführend sein. In Analogie zu Art. 752 OR dürfen keine Aussagen gemacht werden, die nicht den Tatsachen entsprechen, und es soll nichts verschwiegen werden, was für das richtige Verständnis des Spaltungsvorhabens wesentlich und unerlässlich ist.909 Im Rahmen dieser Grundsätze steht es der Gesellschaft frei, über den gesetzlich zwingenden Inhalt des Spaltungsberichts hinauszugehen.
Eine Besonderheit des Spaltungsberichts besteht darin, dass er nicht nur auf Fakten basiert, welche die Gegenwart oder die Vergangenheit des Unternehmens betreffen und überprüfbar sind. Vielmehr muss er von Gesetzes wegen auch Annahmen über die Zukunft treffen und Prognosen abgeben, etwa hinsichtlich der Ertragserwartungen, welche der Berechnung des Umtauschverhältnisses zugrunde liegen. Annahmen und Prognosen sind notwendigerweise mit Unsicherheiten und Risiken verbunden.910 Für die Gesellschafter als Adressaten des Spaltungsberichts ist es wesentlich, zu wissen, welche Informationen im Bericht auf Fakten beruhen und welche Informationen Annahmen und Prognosen des Exekutivorgans wiedergeben. Der Informationsgehalt einer Zukunftsprognose hängt entscheidend von ihrer Eintrittswahrscheinlichkeit ab. Sämtliche Annahmen und Prognosen im Spaltungsbericht sollten deshalb klar als solche erkennbar sein und mit dem Hinweis auf die damit verbundenen Unsicherheiten versehen werden. Andernfalls kann der Bericht irreführend wirken, weil er die Risiken der Spaltung nicht adäquat wiedergibt. Der Spaltungsbericht darf nicht zum reinen Werbe- und Verkaufsprospekt für die Transaktion verkommen.