2. Einsichtsverfahren
Gemäss Art. 41 Abs. 1 FusG muss jede an einer Spaltung beteiligte Gesellschaft den Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan, den Spaltungsbericht, den Prüfungsbericht sowie die Jahresrechnungen und die Jahresberichte der letzten drei Geschäftsjahre und gegebenenfalls die Zwischenbilanzen ihren Gesellschaftern während zweier Monate vor der Beschlussfassung zur Einsicht auflegen. Das Einsichtsverfahren ermöglicht den Gesellschaftern den Zugang zu den wesentlichen Informationen, welche sie im Hinblick auf ihre Beschlussfassung über die Transaktion benötigen. KMU können auf die Durchführung des Einsichtsverfahrens verzichten, sofern sämtliche Gesellschafter dem zustimmen (Art. 41 Abs. 2 FusG).1142
2.1 Verfahrensablauf und einzelne Rechte
Die Einsicht in die erwähnten Dokumente ist am Sitz jeder an der Spaltung beteiligten Gesellschaften zu gewähren, und zwar in einer Form, dass an jedem Gesellschaftssitz sämtliche Unterlagen, d.h. auch die relevanten Dokumente der anderen an der Umstrukturierung beteiligten Gesellschaften, greifbar sind.1143 Zur Einsichtnahme berechtigt sind nur die Gesellschafter der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften, nicht aber etwa deren Gläubiger oder Arbeitnehmer. Nachdem die Spaltung im Handelsregister eingetragen ist, sind allerdings gewisse der in Art. 41 FusG aufgezählten Transaktionsdokumente als Belege der Handelsregisteranmeldung für jedermann einsehbar.1144
Jede der an der Spaltung beteiligten Gesellschaften muss ihre Gesellschafter im SHAB auf die Möglichkeit zur Einsichtnahme hinweisen (Art. 41 Abs. 4 FusG).1145 Bei der Spaltung müssen die entsprechenden Dokumente während zweier Monate vor der Beschlussfassung zur Einsicht aufliegen (Art. 41 Abs. 1 FusG); es gilt also eine längere Frist als bei der Fusion.1146 Die Gesellschafter können von den an der Spaltung beteiligten Gesellschaften verlangen, dass ihnen unentgeltlich Kopien der Transaktionsunterlagen zugestellt werden (Art. 41 Abs. 3 FusG). Für weitere Einzelheiten zum Verfahrensablauf kann auf die entsprechenden Ausführungen bei der Fusion verwiesen werden.1147
2.2 Umfang des Einsichtsrechts
Die zur Einsicht aufliegenden Dokumente sind in Art. 41 Abs. 1 FusG aufgelistet. Es geht dabei namentlich um den Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan, den Spaltungsbericht, den Prüfungsbericht sowie die Jahresrechnungen und Jahresberichte der letzten drei Geschäftsjahre und gegebenenfalls die Zwischenbilanz. Im konkreten Fall kann sich die Anzahl der Dokumente reduzieren: Ein schriftlicher Prüfungsbericht eines Revisionsexperten ist nur erforderlich, wenn die übernehmende Gesellschaft eine Kapitalgesellschaft1148 oder eine Genossenschaft mit Anteilscheinen ist; soweit an einer Spaltung also eine Genossenschaft ohne Anteilscheine beteiligt ist, muss diese keinen Prüfungsbericht erstellen.1149 KMU können mit Zustimmung aller Gesellschafter auf die Erstellung des Spaltungs- und/oder des Prüfungsberichts verzichten1150 oder gemäss Art. 41 Abs. 2 FusG gänzlich vom Einsichtsverfahren absehen.1151
Das Fusionsgesetz legt nicht nur fest, welche Dokumente dem Einsichtsrecht unterstehen. Es bestimmt indirekt auch den Mindestinhalt, den diese Dokumente aufweisen müssen. Die objektiv wesentlichen Punkte, die ein Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan, ein Spaltungsbericht und ein Prüfungsbericht enthalten muss, werden im Gesetz relativ detailliert aufgezählt.1152 In der Praxis können insbesondere Spaltungsverträge und -berichte inhaltlich über das hinausgehen, was als Minimum zwingend vorgeschrieben ist.1153 Sofern diese Zusatzangaben für die konkrete Willensbildung der Gesellschafter wesentlich und erforderlich sind, müssen sie im Rahmen des Einsichtsverfahrens mit dem Spaltungsvertrag oder Spaltungsplan ebenfalls offengelegt werden. Dabei ist aber auch den Geheimhaltungsinteressen der Gesellschaft Rechnung zu tragen.1154 Nebenabreden wie Geheimhaltungsvereinbarungen können auch in separaten Dokumenten vereinbart werden. Bezüglich solcher Vereinbarungen ist im Einzelfall zu entscheiden, ob diese für die Beurteilung durch die Gesellschaft relevant und damit offenzulegen sind. Dies wird in der Regel zu bejahen sein, wenn die Vereinbarungen die Bewertung der Gesellschaften beeinflussen.1155