5. Überblick über den Verfahrensablauf
Das Fusionsverfahren beginnt mit Verhandlungen unter den an einem Zusammenschluss interessierten Parteien. In der ersten Phase geht es regelmässig darum, den Rahmen der Fusionsgespräche abzustecken und die notwendigen Bedingungen festzulegen (z.B. Geheimhaltung, Exklusivität). Verlaufen die Verhandlungen positiv, können sich die Parteien über die Konditionen eines Zusammenschlusses einigen. Diese Einigung findet ihren Niederschlag und Abschluss im Fusionsvertrag, der gemäss Art. 12 Abs. 1 FusG von den obersten Exekutivorganen der involvierten Gesellschaften abzuschliessen ist. Bis zum Vertragsschluss verlaufen die Fusionsverhandlungen in der Regel vertraulich. Ausgenommen sind Fusionsverhandlungen, die als Reaktion auf ein feindliches Übernahmeangebot einer Drittpartei aufgenommen werden und deshalb im Sinne einer Abwehrmassnahme früh publik werden. Für Publizität können überdies kapitalmarktrechtliche Informationspflichten sorgen.118
Nach Abschluss des Fusionsvertrags können die Parteien die gemäss Gesetz und Vertrag erforderlichen Vorbereitungshandlungen für den Vollzug der Transaktion an die Hand nehmen. Zu diesen Vorbereitungshandlungen gehört insbesondere die nach Art. 12 Abs. 2 FusG erforderliche Zustimmung der Gesellschafter der an der Fusion beteiligten Gesellschaften. Je nach Art des Zusammenschlusses muss das Fusionsvorhaben mehr oder weniger detailliert in einem Fusionsbericht (Art. 14 FusG) und einem Prüfungsbericht des Revisionsexperten (Art. 15 FusG) dokumentiert werden. Diese Unterlagen müssen zusammen mit dem Fusionsvertrag den Gesellschaftern zur Einsicht aufliegen (Art. 16 FusG), bevor diese über die Transaktion beschliessen können (Art. 18 FusG). Vor der Beschlussfassung der Generalversammlung müssen die Arbeitnehmer der involvierten Gesellschaften bzw. deren Vertretungen über die Fusion informiert und bezüglich geplanter arbeitsvertraglicher Massnahmen konsultiert werden (Art. 28 Abs. 1 und 2 FusG i.V.m. Art. 333a OR). Parallel dazu muss gegebenenfalls das Kapital bei der übernehmenden Gesellschaft erhöht werden (Art. 9 FusG). Für KMU sieht das Fusionsgesetz bei Einstimmigkeit der Gesellschafter gewisse verfahrensmässige Erleichterungen vor,119 ebenso für die Fusion von Kapitalgesellschaften mit qualifizierten Beteiligungsverhältnissen.120
Je nach Umfang muss die geplante Transaktion von staatlichen Behörden geprüft werden, bevor sie vollzogen werden kann. Zu erwähnen ist insbesondere die präventive Fusionskontrolle der WEKO.121 Nebst diesen gesetzlichen Vollzugsbedingungen sind die Fusionsparteien frei, zusätzliche Vollzugsbedingungen im Fusionsvertrag festzulegen.
Damit der Zusammenschluss der Parteien rechtswirksam wird, ist er durch die obersten Leitungs- oder Verwaltungsorgane der involvierten Gesellschaften dem Handelsregisteramt zur Eintragung anzumelden (Art. 21 FusG). Die Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister darf erst nach der Durchführung einer allfälligen Fusionskontrolle der WEKO erfolgen (Art. 128 HRegV). Die Eintragung wirkt konstitutiv (Art. 22 FusG). Gleichzeitig wird die übertragende Gesellschaft im Handelsregister gelöscht.122
Nach dem Vollzug müssen die beteiligten Gesellschaften ihre Gläubiger in der Regel darauf hinweisen, dass sie die Sicherstellung ihrer Forderungen verlangen können (Art. 25 FusG). Allenfalls werden weitere Vollzugshandlungen notwendig, die auf die Wirksamkeit der Fusion zwar keinen direkten Einfluss haben, die aber erforderlich sind, damit das fusionierte Unternehmen als Einheit wahrgenommen wird und entsprechend funktionieren kann.123
Verfahrensübersicht
Was |
Erste Phase
|
Zweite Phase
|
Dritte Phase
|
Vierte Phase
|
Fünfte Phase
|
Sechste Phase
|
Bis zur vierten Phase: Information und Konsultation der Arbeitnehmer, soweit Arbeitsverhältnisse übergehen |
||||||
Zuständigkeit |
Oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgane |
Zugelassener Revisionsexperte |
Oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgane |
GV |
Oberste Leitungs- oder Verwaltungsorgane |
Übernehmender Rechtsträger |
Wann |
Ab Entscheid über die Aufnahme der Fusionsverhandlungen |
Nach Vorliegen von Fusionsbilanz (Zwischenbilanz), Fusionsvertrag, Fusionsbericht |
Nach Vorliegen des Revisionsberichts |
Nach Einsichtsverfahren |
Nach Fusionsbeschluss und evtl. behördlicher Genehmigung (WEKO) |
Innerhalb von 3 Monaten nach HR-Eintrag |
Vereinfachungsmöglichkeiten:
- Die Gesellschafter eines KMU (Art. 2 lit. e FusG) können einstimmig auf das Erstellen eines Fusionsberichts, die Prüfung des Fusionsvertrags, des Fusionsberichts und der Fusionsbilanz (Zwischenbilanz) durch einen zugelassenen Revisionsexperten sowie auf das Einsichtsverfahren verzichten (Art. 14 Abs. 2 FusG, Art. 15 Abs. 2 FusG sowie Art. 16 Abs. 2 FusG).
- Besitzt bei der Fusion von Kapitalgesellschaften der übernehmende Rechtsträger mindestens 90 % der Anteile am übertragenden Rechtsträger, müssen die beteiligten Gesellschaften keine Fusionsberichte erstellen und der Fusionsvertrag bedarf keiner Genehmigung durch die GV. Beträgt die Beherrschung sogar 100 %, erübrigen sich überdies die Prüfung des Fusionsvertrags durch einen zugelassenen Revisionsexperten sowie das Einsichtsverfahren (Art. 23 und 24 FusG).